Die Elektrische Kleinbahn im Mansfelder Bergrevier AG – so die offizielle Bezeichnung – war ein in ihrer Betriebsphase ein hoch modernes Verkehrsmittel im Mansfelder Land. Anlässlich des 100. Betriebsjubiläums der „Äläktrischen“ – wie sie liebevoll von den Einheimischen in Mansfelder Mundart genannt wurde – hatten die beiden Autoren Dr. Gerhard Knitzschke und Marco Zeddel aus Kreisfeld eine Broschüre über die Elektrische Kleinbahn im Mansfelder Bergrevier in der Reihe „Kreisfelder Blätter“ veröffentlicht. Ein paar Autorenexemplare wurden noch bis vor 10 Jahren von der Mansfelder Bergwerksbahn vertrieben, diese waren aber auch schon längst vergriffen.
Pünktlich zum 125jährigen Betriebsjubiläum dieses historischen Verkehrsmittels waren Mitte des Jahres aus verschollen geglaubten Restbeständen doch noch 2 Kartons aufgetaucht.
Nach einem daraufhin veröffentlichten Artikel in der Mitteldeutschen Zeitung Anfang Juli dieses Jahres waren diese bereits nach 2 Tagen verkauft, auch die restlichen Mängelexemplare gingen nach einem Artikel im regionalen „Super Sonntag“ 14 Tage später sofort - und bevor der diese Wochenendausgabe überhaupt bei allen Haushalten ankam - über den Ladentisch.
„Die Leute standen die ersten Tage Schlange am Bahnhof und die Telefone klingelten ununterbrochen.“
„Mit so einem ‚Run‘ hätten wir nie gerechnet. Da aber die Nachfrage bis zum heutigen Tage nicht abriss – und ca. 100 Interessenten leer ausgingen, wurde die Idee geboren, doch noch eine Neuauflage in Form eines limitierten Reprints aufzulegen.“, so Zeddel, Pressesprecher der Bergwerksbahn und Mitautor der Broschüre, ausführend.
Jedoch leichter gesagt als getan: die 25 Jahre alten Druckdateien konnten zwar nach einiger Suche noch auf einer alten Datensicherung wie durch ein Wunder komplett wiedergefunden werden, jedoch gab es das Layoutprogramm schon längst nicht mehr. So musste erst versucht werden, die Daten wieder lesbar zu machen. Die Hallesche Druckerei, welche vor 25 Jahren den Druckauftrag ausgeführt hatte, konnte zum Glück helfen und die Daten in ein aktuelles Format konvertieren, sodass nun einer Neuauflage nichts mehr im Wege steht.
Doch dazu gibt es eine längere Vor- und Nachgeschichte, welche wir dem geneigten Leser und Eisenbahnfreund nicht vorenthalten möchten:
Es ist eine fast unglaubliche Geschichte mit vielen Zufällen, Wirrungen aber auch glücklichen Fügungen. In den 1970er und 80er Jahren erschien in mehreren Auflagen im Transpress Verlag (VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin) eine fast immer vergriffene 7-bändige Buchreihe „Straßenbahnarchiv“. Darin wurden alle Straßenbahnen und elektrischen Überlandbahnen auf dem Gebiet der DDR sach- und fachkundig vorgestellt. Zu jeder dieser Bahnen gehörte ein geschichtlicher Abriss, technische Daten, Vorstellung von Streckennetz, Linien und Fahrzeugen sowie jeweils umfangreiches Bildmaterial.
„So konnte auch ich Mitte der 1980er Jahre eines dieser begehrten und sehr raren Exemplare in der damaligen ‚Lenin-Buchhandlung‘ in Eisleben ergattern. Hier war es der Band 4, welcher den Raum Erfurt, Gera, Halle (Saale) und Dessau abdeckte.“, so Zeddel berichtend. In diesem Band wurde auch die Elektrische Kleinbahn im Mansfelder Bergrevier, welche von 1900 bis 1922 zwischen Helfta und Hettstedt verkehrte, umfangreich in Wort und Bild vorgestellt. Für diesen Beitrag zeichnete laut Impressum ein Matthias Bethge aus Dresden verantwortlich.
Die Zeit verging, das Interesse an der „Äläktrischen“ bestand weiterhin: Mitte der 1990er Jahre veröffentlichte die Mitteldeutsche Zeitung einen Artikel unter dem Motto „Keine Straßenbahn, sondern eine Kleinbahn“, als Autor wurde ebenfalls ein Matthias Bethge, Dresden angegeben. Erklärt wurde darin, dass die oft fälschlicherweise als „Straßenbahn“ titulierte Elektrische Kleinbahn eine Kleinbahn nach dem Preußischen Kleinbahngesetz von 1892 war. Dieses Gesetz war eine Art Förderprogramm für private Kleinbahn, dieses ermöglichte einen kostengünstigeren Betrieb u.a. durch vereinfachte Sicherheitsregularien und Abschreibungsmodelle. Außerdem sollte die Bahn erst bis zum Jahr 2000 (!!!), also nach ihrer Stilllegung von einer „Kleinbahn“ in eine „Straßenbahn“ umgewandelt werden. So war geplant, diese etwa ab 1928 mit geänderter Streckenführung wieder in Betrieb nehmen zu können. Wie die Geschichte zeigt, daraus wurde bekanntlich nichts.
„In den Jahren 1997/1998 war ich als Ortschronist in meiner Heimatgemeinde Hergisdorf/Kreisfeld tätig und so versuchte ich auf Grund dieses Artikels auch Kontakt zu Herrn Bethge herzustellen, um weitere Informationen über die elektrische Kleinbahn zu erlangen, da diese ja auch durch meinen Heimatort Kreisfeld fuhr. Eine bereits privat vorhandene Sammlung mit Reproduktionen historischer Postkarten, welche die Triebwagen der damaligen Zeit zeigten, hatten mein Interesse schon in Kindertagen geweckt. Ein Blick in das damals als CD erhältliche Telefonbuch ergab tatsächlich einen Treffer unter dem Namen Bethge in Dresden. Mehrere Telefonrufe in unregelmäßigen Abständen blieben jedoch erfolglos.
Monate später wieder mal ein Versuch, bei welchem sich sogar jemand mit dem Namen Bethge meldete. Ich war erfreut endlich jemanden zu erreichen, waren doch zwischen Erscheinen des Artikels und dem Anruf bereits schon mehrere Jahre vergangen! Die Freude währte jedoch nur kurz. Der gute Mann am anderen Ende erklärte, dass er der Sohn sei und gerade dabei ist der Wohnung aufzulösen, da sein Vater vor 3 Tagen verstorben sei. Eine Frage nach Material über die Elektrische Kleinbahn ergab, dass gerade alles auf einem Container entsorgt werde und wenn man noch etwas retten wolle, sofort herkommen müsse. Daraufhin habe ich mich mit Klaus Foth, ebenfalls Heimatforscher aus Kreisfeld, sofort auf den Weg nach Dresden gemacht.“, so Zeddel weiter berichtend.
In Dresden angekommen, konnten tatsächlich 2 dicke Leitz-Ordner voll mit Archivmaterial und Fotos über die Kleinbahn aber auch über Mansfelder Schächte und Hütten gesichert und so vor der Vernichtung gerettet werden. Aus dem Material wurde bereits 1999 eine kleine Broschüre in der Reihe „Kreisfelder Blätter“ erarbeitet und vereinsintern im Kreisfelder Freundeskreis Wandern und Ortsgeschichte vertrieben. Hier wurde besonders Bezug auf den Bereich der Elektrischen Kleinbahn in Kreisfeld genommen.
Ein glücklicher Umstand war, dass im Jahr 2000 die Feierlichkeiten zu 800 Jahre Mansfelder Kupferschieferbergbau und Hüttenwesen durchgeführt wurden. Die Elektrische Kleinbahn hätte im Jahr 2000 ebenfalls ihr 100jähriges Betriebsjubiläum begangen, sodass ein kleines „Doppeljubiläum“ – auch weil die Kleinbahn eng mit dem Mansfelder Bergbau verbunden war – zu feiern gewesen wäre. Daher kamen die beiden Autoren Dr. Knitzschke und Zeddel auf die Idee, eine größere und überarbeitete sowie ergänzte Auflage herauszugeben. Als Sponsor für den Druck konnte die BTH GmbH – Eisleben gewonnen werden. Die nun hochwertige und farbig gedruckte Broschüre sollte primär über die Gasthausbrauerei „Brauhaus zum Reformator“ vertrieben werden. Auch wurde durch Zuarbeit von Helmut Dönau (ein Urgestein der Mansfelder Bergwerksbahn) noch eine Ergänzung mit weiteren Fotos und Informationen gedruckt und als Einleger vertrieben.
Allerdings kam es in der Folgezeit durch mehrere Betreiber- bzw. Pächterwechsel im „Reformator“ dazu, dass die Broschüren nicht weiter aktiv vertrieben wurden, sondern im Keller verschwanden. Spätestens nach der Schließung dieser Gasthausbrauerei 2008 waren die restlichen Exemplare gänzlich verschwunden. Mit dem Vertrieb der Broschüren sollten ursprünglich Satz und Layout der Broschüre refinanziert werden, was durch den Verlust eines Großteils der Hefte nur teilweise gelang.
Zusammen mit dem Herausgeber der Erstauflage, dem „Kreisfelder Freundeskreis Wandern und Ortsgeschichte“ planen die Freunde des „Mansfelder Bergwerksbahn e.V.“ nun, nun nochmal eine kleine limitierte Auflage drucken lassen. Dieser leicht überarbeitete und durch die Beilage ergänzte Reprint soll ab Anfang September über die Mansfelder Bergwerksbahn erhältlich sein. Dann kann man sich über eine Neuauflage zu 4,90 € ggf. zzgl. Versand freuen.
Bestellung mit Vorkasse und weitere Infos unter:
mansfelder@bergwerksbahn.de; www.mansfelder-bergwerksbahn.de
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